Töpferblatt 2-2020 (vom Kalkspatz e.V.)

Mitglieder stellen sich vor...

Ton, Rauch und Feuer

Dietrich Koch im Gespräch mit Imke Splittgerber

Titelblatt

Als ich vor einigen Jahren staunend vor Deinen Gefäßen auf dem Kellinghusener Keramikmarkt stand, konnte ich noch nicht ahnen, wie inspirierend Deine Arbeit und Herangehensweise bei der Arbeit mit Ton für mich sein würde. Ohne Dich und Deine Workshops würde ich heute kaum so viel Freude mit den eingefärbten Ton- und Porzellanmassen bei meinen Schalen haben. Ich erinnere mich auch gerne an den Glasurkurs bei Dir. Oh, wieviele hunderte Plättchen wir da gebrannt haben! Nicht zu vergessen der Bau des Flaschenofens beim Plein-Air-Festival in Kappeln! Die flackernden Flaschenböden – das war Illuminationskunst... Und dann hast Du im vergangenen Jahr im Kunstraum der VHS Sörup eine große Werkschau gehabt. Der Titel lautete "Ton, Rauch und Feuer. Keramiken aus dem Rauchbrand und Holzofenbrand". Damit konntest Du zeigen, in welch breitem Spektrum Du tätig bist. Gedrehte Teeschalen aus dem Holzofen, Keramik-Skulptur, großformatige Vasen und Schalen... Vielleicht ein Anlass, mal zurück zu schauen? Ursprünglich hast Du Englisch und Werken auf Lehramt studiert? Warum bist Du nicht Lehrerin geworden?

Werken hatte ich begonnen, weil Ton, Holz und Metall als Werkstoffe im Mittelpunkt standen. Als ich dann fertig war, kam die Wende zum technischen Werken, also Motoren und Elektrik. Aber das war nicht das, was ich wollte. Mein Freund wohnte damals in Kiel. Und die Keramik in Kiel hatte einen guten Ruf – und so fiel die Entscheidung nicht schwer. Ein Praktikum musste ich noch machen – in einem zwei mal vier Meter großen ehemaligen Ziegenstall war die erste Werkstatt von Uwe und Inke Lerch. Wenn er vormittags in der Schule war, durfte ich üben... Das waren ganz einfache Verhältnisse.

Und dann hast Du ein Studium an der Muthesius-Kunsthochschule – vormals Werkkunstschule – angefangen. Grundsemester bei Jan Koblasa, dann bei Prof. Johannes Gebhardt, der den Studiengang Freie Kunst/Keramik leitete. Wie war das damals?

Vor allem habe ich dort gelernt, genau zu sehen. Das Studium ist künstlerisch ausgelegt gewesen, auch Portraitzeichnen und Aktzeichnen gehörte dazu. Wir haben dort unsere Sachen begutachtet und besprochen. Der Austausch war wichtig. So ging mein künstlerischer Weg los – auch wenn ich dann im Examen eher traditionell mit einem Geschirr abgeschlossen habe. Danach ging es nach Berlin. Ich habe dann mit einigen Leuten eine Werkstatt gegründet, Ofen bestellt usw. Und ich habe dann zunächst auch viel gedreht.

In Berlin hast Du dann Jimmy Clark kennengelernt. Wie ist es dazu gekommen?

Jimmy hat Deutsch studiert und Theaterwissenschaften, war in der Schweiz und die Liebe hat ihn nach Berlin verschlagen. Er brachte aus den USA das Pinchen und den Rauchbrand mit. Er wohnte in der Nähe und stand plötzlich im Laden, um zu fragen, ob er hier mal was mitbrennen könnte. Und dann ist er bei uns in der Werkstatt geblieben. Das war 1978. Eine Keramikerin arbeitete mit eingefärbtem Porzellan, wir hatten einen Lehrling, eine interessante Ateliergemeinschaft... Jede hat so ihre Sachen gemacht.

Und dann ging es Mitte der 80er nach Emden und später nach Mühlacker-Mühlhausen bei Stuttgart, inzwischen mit drei Kindern – um wieder eine Werkstatt aufzubauen.

Ja, da ging es wieder los. An der Walddorfschule [Vaihingen/Enz] habe ich Keramik unterrichtet und wir haben einen großen Holzbrandofen gebaut. Familie – Schule – Märkte... Bis Jimmy mich 1999 drängte, unbedingt zu ihm in die USA zu reisen, wo ich dann Paulus Berensohn kennenlernte. Bis dahin habe ich überwiegend gedreht und mit Platten gebaut. Aber dann war es um mich geschehen (Imke lacht) und das Pinchen und der Rauchbrand fesselten mich. Zwei Jahre später habe ich mit Paulus und Jimmy einen Workshop auf Puerto Rico gemacht – da kam viel Farbe ins Spiel durch das Land und die puertoricanischen Frauen mit ihrer Farbenfreude und Power.

Und Pinchen und Schmauchbrand hat dann Deine Tätigkeit bestimmt, Du hast Kurse gegeben und angefangen, mit Oxiden und Farbkörpern Tonmassen und Porzellan einzufärben.

Richtig. Das Drehen rückte in den Hintergrund, auch wenn ich für Märkte immer wieder kleinere Serien hergestellt habe. Mit Paulus und Jimmy gab es dann auch Kurse beim Kalkspatz. Und dann sollte das Buch von Paulus Berensohn (Dialoge mit Ton. Schöpferisches Arbeiten mit Fingerdrucktechniken und gefärbten Massen. Erschienen im Hanusch-Verlag. Anmerkung der Redaktion) in Deutsch erscheinen. Und es hat mir viel Freude bereitet, hier das Lektorat fachlich zu betreuen. Es geht ja auch um seine Philosophie dahinter, Anthroposophisches ist bei seinem künstlerischen Ausdruck schließlich auch dabei. Das war bei der Übersetzung auch zu erhalten.

Deine Gefäße sind auch wirklich von besonderer Faszination. Du polierst die Oberflächen vor dem Schrühen. Das besondere ist dann, dass Du die Gefäße mit Pflanzen wie Farnen, Gräsern, aber auch Seetang einpackst oder mit Kupferdraht auf Deinen Schalen fixierst. Zusätzlich arbeitest Du beim Sägemehl- bzw. Schmauchbrand mit verschiedenen Metall-Sulfaten und Oxiden. Lediglich ein aus Ziegelsteinen zusammengesetzter Kasten dient sozusagen als Ofen. Nach dem Anbrennen deckst Du das Feuer mit einer Eisenplatte ab. Über viele Stunden schmauchen dann Deine eingepackten Keramiken in dem Brennmaterial – vor allem viel Sägespäne – durch. Die Gefäße, die da entstehen, ziehen einen durch ihren Glanz und Brandspuren in ihren Bann. So ging es mir ja auch, als ich Dich vor einigen Jahren kennenlernte. Du hast eine Reihe von Auszeichnungen für Deine Gefäßkunst bekommen. Vor allem die großformatigen Schalen und Vasen stechen da hervor. Aber sag mal, welche Auszeichnung Dich am meisten bewegt hat!

Das war 2014 in Bürgel der Walter-Gebauer-Preis. Dort bin ich immer gerne gewesen und habe bei Christine Freigang in der Werkstatt übernachten dürfen. Ich habe ja immer auf den Märkten Brände gemacht. Und einmal nach Marktende habe ich dann am Samstag in Iznang einen Schmauchbrand in einer mobilen Brenntonne gemacht. Jedoch beschwerten sich die Anwohner wegen der starken Rauchentwicklung. Und die Feuerwehr kam, um zu helfen. Aber nicht um zu löschen. Kurzerhand wurde die heiße brennende Tonne mit Feuerwehr-Gerät umgeladen und zum Gerätehaus gefahren. Dort konnte sie dann bis zum Morgen durchglühen.

Zum Glück wohnst Du selbst sehr idyllisch, ländlich an der Schlei und kannst Deiner Leidenschaft Feuer und Ton uneingeschränkt nachgehen. Du hast erst vor zwei Jahren wieder einen großen Holzbrandofen in Deinem Garten gebaut. Für mich war der Bau und Dein erster Brand ein absolut aufregendes Erlebnis. Welche besondere Faszination geht für Dich vom Holzbrand – oder überhaupt vom Medium Feuer aus?

Das Feuer ist neben Ton und Wasser ein essentielles Element für uns Keramiker. Ich fasse es als meinen Partner auf. Wenn ich im Rauchbrand die Gefäße mit Materialien umwickle, gebe ich dem Feuer Möglichkeiten damit zu spielen. Und im Holzofenbrand kann ich die Arbeit des Feuers nur durch die Platzierung des Stückes beeinflussen. Es ist jedes Mal spannend zu sehen, was der Flammenstrom dann daraus gemacht hat.

Du bist viel rumgekommen in Europa und in der Welt und hast auf vielen Märkten verkauft. Inzwischen wohnst Du schon viele Jahre wieder hier im Norden, in der Nähe zur wunderschönen Schlei. Wo können die Leute Dich heute erleben?

Die langen Fahrten zu den Märkten kommen nicht mehr in Frage. Ich bleibe überwiegend in Norddeutschland und in Dänemark. Meine Kurstätigkeit habe ich auch deutlich reduziert. Wer pinchen und mit eingefärbten Massen arbeiten möchte, findet mich bei den Sommerkursen der Schleiakademie. Jimmy war auch letztes Jahr dabei. Auch in diesem Jahr habe ich meine Kurse – trotz Corona – durchführen können.

Du bist – auch durch Deine Mitgliedschaft im Bundesverband Angewandte Kunst bzw. im Berufsverband Angewandte Kunst Schleswig-Holstein – hier im Norden recht agil. Was steht im Moment an?

Zusammen mit der Dipl. Designerin Astrid Schessner stelle ich bei den Kieler Ateliertagen aus. Astrid zeigt ihre Holzskulpturen, aber auch ihre wunderschönen Möbel und pfiffigen Wohn-Accessoires. Zusammen mit meiner Keramik eine spannende Melange.
Wenn es im nächsten Frühjahr wieder möglich ist, finden mehrere Ausstellungen in Dänemark anlässlich der 100-Jahr-Feier zur Grenzziehung zwischen Deutschland und Dänemark statt.

Und was treibt Dich im Moment um?

Ich plane den Um- und Ausbau meines Ausstellungsraumes in Affegünt. Und Du weißt es selbst: Der nächste Holzofenbrand steht an...

Und ich freue mich darauf, wieder dabei sein zu können! Vielen Dank für das Gespräch.

Titelbild: Urkorn, Gefäß mit Muschel, Höhe 28 cm

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